Oh wie gut dass niemand weiß, dass ich Schneiders Engel heiß

 

Liebe Leser, wir sind viel beschäftigt und bedauerlicherweise ist das WLAN unseres Aufenthaltsortes defekt. Man sagte uns, das läge an Kabelarbeiten. Bitte, finden sie den Fehler selbst. Wir vermuten aufgrund dieses Fauxpaus auch, dass wir beobachtet werden und das WLAN absichtlich lahm gelegt wurde, wireless versteht sich, um unsere Operation zu gefährden. Das wird selbstverständlich nicht passieren. Aber heute traf uns eine Erkenntnis wie ein Blitz: es tut so gut, böse zu sein. Das klingt völlig unlogisch? Dann lesen sie heute den ERSTEN von DREI Top Vorteilen, wenn man als Agent durch die Welt geht:

  1. Erst der Perspektivwechsel machts möglich!

Simpel, aber nicht einfach. Ich behaupte, wenn das (Perspektivwechsel!) einfach wäre, würden sich sehr viele zwischenmenschliche Rangeleien in null komma josef auflösen. Außerdem auch viele „Probleme“ die wir mit und im Umgang mit unseren Kindern haben (um wenigstens ein bischen beim Ursprungsthema dieses Blogs zu bleiben).

Beispiel: Natürlich begegnen einem in so einer Reha auch Menschen, die einem nicht zusagen, die man eigentlich vielleicht sogar eher meiden würde, deren Geschichten man sofort in Schublade X,Y,Z stecken könnte. Aber das geht ja nicht. Wir sind Profis, Agenten der Spitzelklasse. Wir haben aufmerksam zuzuhören, zwischen den Zeilen zu lesen, die Tarnung nicht aufzugeben. Wir agieren nicht NORMAL, wir sind auf der Suche nach Flow und Mojo. Und die können überall stecken. Passend dazu gibt es eine allzufeine Geschichte von Brahma, der sich immer einen Spaß machte sich selbst zu verstecken, und natürlich auch so ausgefuchst war, dass seine Verstecke so gut waren, dass ihn nichts und niemand finden konnte, über Jahrzehnte hinweg. Was red ich – er spielt das Spiel heute noch! Brahma, als höchste Gottheit, könnte also dieser Sage nach in jedem von uns stecken. Selbes gilt natürlich für Mojo und Flow und sagen wir es mal so: falls wir Brahma finden SOLLTEN, dann weiß der sicherlich, als Ober-Chief-Glück-Inspektor, wo Mojo und Flow sich aufhalten. Bedeutet also: unsere geheime Mission verlangt höchste Aufmerksamkeit, vielleicht steckt ja ein Götterfunken in meiner Sitznachbarin oder in der Frau im Schwimmbad, vielleicht in dem Mann auf dem Ergometer neben mir. Oder der Putzfrau, die gerade an mir vorbei gehuscht ist. Allzu oft konzentrieren wir uns auf irgendein Ziel, das in der Zukunft liegt. Und dadurch verpassen wir den Moment, den Moment zuzuhören, den Moment Anteil zu nehmen, den Moment die blöden Schubkästen in unserem Gehirn mal zuzulassen und ‚open minded‘ zu sein. Nicht bewerten, beurteilen, abstempeln. Jeder kann Brahma, Mojo oder Flow sein.

Was suchen sie? Und tun sie es eventuell an der falschen Stelle, mit dem falschen Ziel und sind sich selbst ständig 30 Schritte voraus? 30 Schritte vor ihnen wird wohl kaum liegen was sie JETZT suchen. Gehen sie zum MI6, FBI, CIA oder meinetwegen auch zum BND, schaffen sie sich ein Alter Ego an! Wer ist ihr Geheimagent, wer schlummert in ihnen?

Werden sie sich des Moments bewusst und hören sie auf mit hätte, würde, könnte! Es gibt keine Umlauten in einem Agentenleben, die sind einfach nicht Telegramm-geeignet genug!

Zurück zum Ort des Geschehens, hier im Südharz, Agentenalltag: Jill Munroe saß neben der ihr zugewiesenen Sitznachbarin im Speisesaal. Aus Profiler- Sicht nicht annährend der ZP (Zielperson) ähnlich, verwandt, verschwägert oder sonst wie interessant für unsere Mission: Anfang 50, lebt in einer 800-Seelen-Gemeinde, Psychosomatik-Patientin, tendenziell einfach strukturiert, trägt schwarz-gelben Jogger mit der Aufschrift „Honey“, hat Gelnägel mit Blümchen, eine Brille von Bogner, braucht 5 Minuten um ein ‚Hallo.‘ zu äußern.

Dennoch, Jill, als ausgebuffte Agentin mit Doppelnull-Status hat sich mal Zeit genommen und die ganzen aufspringenden Schubladen schön wieder zugeklappt und zugetapt. Nach nur 72 Stunden und einigen gemeinsamen Mahlzeiten später hat sich der Phänotyp der Sitznachbarin nicht geändert. Aber Jill weiß nun, dass sie warmherzig ist und über eine weiche mädchenhafte Liebenswürdigkeit verfügt, die einem sehr oft ein Lächeln ins Gesicht zaubert, sie durch ihr spezielle Art und Ehrlichkeit faszinierend putzig ist und sich nach Liebe und Anerkennung sehnt, ohne zu wissen  wie ein Leben mit Liebe aussieht. Sie ist viel reflektierter als das die Schubläden von Jill zugelassen hätten. Sie hat ein gutes Herz und sich auf den Weg gemacht ihr Leben neu zu gestalten. 

Wären wir nicht auf geheimer Mission unterwegs, hätten wir das nie gesehen.

Dennoch: Flow und Mojo sind bei dieser Frau nicht aufzutreiben, Perspektivwechsel hin oder her. Aber wenn wir Flow und Mojo finden, geben wir ihr deren Aufenthaltsort bekannt, einfach weil sie es verdient hätte. (Ich sehe das Ä selbst!). 

Lesen sie morgen den zweiten Vorteil eines Agentenlebens!

 

Bild: http://www.pixabay.com

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Drei Engel für Dr. Schneider

Ich muss sie enttäuschen. Ich bin gar nicht als Patient in einer Reha-Einrichtung. Und schon gar nicht brauch ich Erholung. Das ist alles nur Tarnung. Die Tarnung einer Mission, die nicht den Einsatz einer Spezialagentin bedarf, nein, in diesem Fall müssen es schon drei sein.

Ist ja auch völlig logisch

3 Kinder – 3 Wochen – 3 Agentinnen.

Was wir hier suchen lässt sich schnell beschreiben. Wir suchen Flow und Mojo. Leider haben wir das GPS Signal der beiden aktuell verloren, wahrscheinlich ist unser Peilsender aufgeflogen, aber weit können sie nicht sein.

Aber langsam, ich möchte sie nicht überfordern. Gestern diese maritime Parabel, heute der Agentenkrimi, was ist denn hier los? Der Reihe nach. Flow ist ein sehr spielerischer Charakter. Volle Konzentration bei maximaler Leichtigkeit sind seine Markenzeichen. Es handelt sich dabei um einen ganz speziellen Zustand, der nicht durchgehend aufrecht erhalten bleiben kann. Das ist auch nicht notwendig, denn eine Begegnung mit Flow lässt einen lange von seiner Energie zehren. Extrem hohe Suchtgefahr. Problem: Manchmal verschwindet Flow urplötzlich und ist dann sehr schwer auffindbar. Er ist wie vom Himmel verschluckt. Lassen sie sich diese Worte mal eben kurz auf der Zunge zergehen. Das bedeutet feinste Detektivarbeit ist da gefragt. Das Problem bei der Flow-Finderei: umso verbissener man rangeht, umso schwieriger wird es. Denn da macht sich Flow sofort davon, bei Verbissenheit, Spaßbefreitheit, Ernsthaftigkeit und Trübsinn blasen gibt der richtig Hackengas. Worauf Flow wirklich steht ist Spielen, spielerische Ziele, aktiv werden, kreieren, da ist er sofort dabei und kann eigentlich nicht nein sagen. Flow ist ein ausgesprochenes Spielkind. Ihn wiederzufinden ist nur eine Frage der Zeit.

Ja, und Mojo kennt man ja spätestens seit dem der Agentenkollege Austin Powers es verloren hatte. Bei ihm brachte das erhebliche Einbußen bezüglich Libido und Superschurkenkräfte mit sich, aber eigentlich ist Mojo eine magische Amulettträgerin. Mojo ist Glücksbringerin. Fertig. Nicht mehr, nicht weniger. Sehr vielfältig einsetzbar. Was auch immer man gerade vorhat, mit Mojo geht es wie von selbst. Es ist mit ihr wie mit der Butterstulle: besser haben als brauchen. Wenn Mojo sich dünn macht, dann führt das mindestens zu depressiver Verstimmtheit. Mindestens. Kann auch gern mal schlimmer kommen. Sie kennen diese Geschichten mit 7 Jahre Pech, schlechten Sex und Dürrezeiten.  Bei Mojo gestaltet sich die Suche auch gänzlich anders als bei Flow. Mojo kann man nicht mit nem lustigen Spielchen hinter dem Ofenrohr vorlocken. Die Suche nach Mojo ist in dem Moment zerstört wenn Hektik aufkommt. Gott bewahre ganze Suchtrupps nach ihr zu entsenden. Jede Form von Druck führt ins Nichts. Sie können Mojo nicht finden, Mojo findet sie. Todsicher. Deshalb ist eine Sache hier von äußerster Wichtigkeit: Ruhe bewahren, durchatmen, nicht so wild hin und her wuseln und in allgemeine Geschäftigkeit verfallen. Mojo kommt dann, wenn man nicht mit ihr rechnet.

Mojo und Flow sind extrem häufig gemeinsam unterwegs und multiplizieren auf diese Weise ihre Superkräfte, weshalb wir vermuten, dass sie sich auch aktuell, gemeinsam, hier ganz in der Nähe aufhalten.

So, nun sind sie leicht im Bilde. Wir, das sind Sabrina Duncan, Jill Munroe und Kelly Garrett, wir jagen FLOW und MOJO. Das ist unsere Mission. Bedauerlicherweise war Charlie bei der ersten Einsatzbesprechung nicht verfügbar, es wird gemunkelt seine Frau habe ein Kind bekommen und er sei unabkömmlich. Versteh einer die Welt. Deswegen wird er für diese Mission durch seine Rechte Hand, Dr. Elsa Schneider, vertreten. Bei wem es jetzt klingelt: Indiana Jones und der letzte Kreuzzug ist richtig. Dr. Elsa Schneider ist  nie in der Felsspalte, in der sie den heiligen Gral vermutete, zu Tode gekommen. Die Mission war zu diesem Zeitpunkt gescheitert, ein guter Agent weiß wie man einen wasserdichten Abgang hinlegt. Dr. Elsa Schneider jedenfalls war nie weg und wir könnten uns niemand Besseren an ihrer Stelle wünschen. Sie hat uns bereits erste Instruktionen zugespielt. Per Siegelbrief natürlich. Dieser zerstörte sich leider kurz nach dem Lesen selbst, glücklicherweise konnten wir noch ein Foto davon machen, das wir zwecks Glaubwürdigkeit hier gerne veröffentlichen.

Bleiben sie dran und verpassen sie nicht  die Jagd auf Mojo und Flow!

 

P. S. @ Charlie: Gratulation  zum Nachwuchs. Wir wünschen euch eine schöne Zeit, genießt es, die werden ja so schnell groß!

P. P. S. @Charlie: Nur Spaß, dauert ewig bis die groß sind, zieht sich wie Kaugummi. Wir hoffen du kommst danach überhaupt wieder. Nicht dass du in die Teilzeitfalle tappst. Toitoitoi! Deine Engel

Mama macht gold

Wie kam es eigentlich so weit, dass es so weit kommen musste. Das hab ich mich die letzten Tage häufig gefragt. Und im selben Mentalzug hab ich mich auch gefragt, ob es nicht grundsätzlich so weit kommen sollte. Ich habe mir eine Mutter-Kind-Kur ohne Kinder „organisiert“. Aber eigentlich finde ich, sollte es so sein, dass man automatisch so eine Kur verordnet bekommt, ohne dass irgendwas Spezielles sein muss. Und wie gesagt, nicht diese Mutter-Kind-Kuren, die, die sich Männer ausgedacht haben müssen. Sondern echte Kuren, so alleine, ohne Kinder, so richtig zum Erholen.

Davon soll dieser kleine Rapport handeln:

Von einer, die auszog zu tun, was längst alle tun sollten: als Mutter eine Kur beantragen, ohne einen schnellen Wiedereinstieg in den Beruf anzustreben und das ganze damit wirtschaftlich zu begründen, und ohne zu behaupten ich hätte ein BurnOut (warum ich das zwischendurch behaupten musste und warum das ätzend ist, erzähle ich dann nochmal) und ohne zu sagen ohne die Kur würde es mit mir aber rapide abwärts gehen. Sondern einfach aus Liebe zu sich und ihren Kindern und damit sie aufgetankt auch die nächsten Jahre noch gute Laune hat und diesen Wahnsinnsjob „Mutter“ wuppen kann. Klar, ich hätte es auch ohne Kur geschafft, tausende von Mamas da draußen schaffen das. Aber ich wäre nie ‚ganz‘ gewesen, hätte nie mein Potential voll entfalten können.

Mir ist ein schönes Bild dazu eingefallen, nämlich dass eines Schiffes. Wollen wir das mal gemeinsam versuchen? Also bitte. Sie können jetzt selbst entscheiden, was für ein Schiff sie sein mögen. Vielleicht ein kleiner Schlepper oder ein Flugzeugträger oder ein Kreuzfahrtschiff oder ein Fischerboot, eine Yacht, eine Jolle, was weiß denn ich. Auf jeden Fall sind sie ziemlich gut intakt, haben ein Haus gekauft, einen Baum gepflanzt, um dann ein Leck zu bekommen. Durchatmen, nicht aufregen. Kein Kind der Welt soll ein Leck sein. Die Geschichte ist noch nicht zu Ende, bleiben sie bei mir und ihrem Schiff, lassen sie mich mal machen, ich bügle diese kleine Unzulänglichkeit an späterer Stelle sorgsam aus. Also, sie bekommen ein Leck…..und das macht ihnen ganz schön zu schaffen, sie müssen ja zusehen, dass da nun nicht allzu viel Wasser ins Boot läuft. Je nachdem was sie sich ausgesucht haben, können sie das einströmende Wasser mehr oder weniger gut verkraften. Bei einem großen Schiff dauert es vermutlich länger bis sich das Leck bemerkbar macht. Außerdem hat ja jeder einen anderen Werkzeugkoffer an Bord. Werkzeugkoffer würde man vielleicht neudeutsch mit Resilienz beschriften. Meint also ihre höchsteigene Fähigkeit mit Stress umzugehen, die steckt da drin. Guter Werkzeugkoffer: effektvolle Möglichkeiten, weil sie vielleicht schon eine Entspannungsmethode gefunden haben, die genau zu ihnen passt, weil sie gut reflektieren können, weil sie die Fähigkeit haben das große Ganze zu sehen und sich nicht im Detail zu verlieren, weil sie ein gutes Selbstmanagement haben und wissen wann sie sich fordern und wann sie sich erholen müssen und so weiter. Oder eben nicht. Naja, also sie reparieren dieses Leck eben mit dem was da ist. So gut es geht, das bedeutet aber einige Zeit lang schlechte Nächte für sie, vielleicht schlechte Ernährung, weniger Sport, Freizeit, sie kommen auch gar nicht mehr an Deck und treffen ihre Freunde und hören was „draußen“ so los ist. Sie machen ja das Leck weg. Das ja jetzt ganz wichtig. Ihre neue Hauptaufgabe. Gut, das wird langsam besser, sie scheinen das Leck im Griff zu haben und dann, in aller Regel, dauert nicht lang, kommt ein zweites Leck. Sind sie wohl in der Mittagspause unglücklich mit dem Mechaniker übereinander gestolpert. Wie auch immer das passiert ist, der Spaß geht von vorne los. Was sie nicht wussten, dass das erste Leck beim Auftreten des zweiten Lecks einfach so, aus Lecksolidarität quasi, neue „Schwierigkeiten“ macht. Ja und dann müssen sie da sozusagen das Reparatur Kit Nummer 2 auffahren, nebenbei Leck 1 gut zu reden und aufpassen, dass ihnen der Mechaniker nicht das Timing versaut. Das findet sich manchmal gar nicht so leicht, da hat man dann schon Stress, die Nächte, sie wissen schon, die diffundierten Freundschaften, ihr Wissensstand bezüglich der weltpolitischen Lage nimmt auch rapide ab, denn zu Tagesschau-Zeiten, da sind sie so fertig vom Leck-stopfen, da schlafen sie dann einfach. Naja gut und bei mir war das so….ich bekam noch ein drittes Leck. Ich hatte es drauf angeleckt sozusagen. Ich hätte mich ohne drittes Leck nie und nimmer nicht im Leben vollständig gefühlt. Das ist ein Gefühl, dass kann man nicht beschreiben, dass muss man haben. Kennen sie diesen Spruch: „Wenn aus Liebe Leben wird“, steht ganz gern in Geburtsanzeigen und so. Mein persönliches Pendant dazu ist: „Wenn Irrationalität einen Namen bekommt“. Das klingt jetzt fies und böse und gemein. Aber es IST die Wahrheit. Kinder bekommen ist irrational. Unabhängig von ihrer Anzahl. Auch ein halbes Kind, sofern möglich, ist EIGENTLICH unvernünftig. Warum sollte ich mir denn die Nächte um die Ohren schlagen, und mein Geld ausgeben, dass ich nicht mehr verdiene, weil ich ja jetzt zu Hause bin, meine Selbstbestimmtheit über Jahre an den Nagel hängen, nur weil Kinder irgendwann anfangen zu lächeln? Neee, das kann es nicht sein. Kobaldmaki lächeln auch wenn man sie am Schwanz zieht. Das ist eigentlich auch ein guter Buchtitel. Egal für den Moment, fest steht: Kinder bekommen bleibt irrational. Ich sage nicht, dass es deswegen sinnlos oder dumm ist, das sehe ich nicht so, es ist nur nicht mit dem Verstand argumentierbar. Und deshalb ist es auch nicht mit dem Verstand argumentierbar ob man eins, zwei, oder drei haben möchte, dass ist eine Leistung der Seele. Nennt sich Liebe, die Vorstufe dazu heißt Sehnsucht.  

So, jetzt haben wir also drei Lecks und alle beeinflussen sich irgendwie gegenseitig und sie sind nun ganz gut beschäftigt mit dem reparieren derselben. Der Werkzeugkoffer wird irgendwie immer spärlicher und naturgemäß gerät ihr Schiff auch noch in den ein oder anderen Sturm. Wäre ihnen nicht passiert, wenn sie fein im Hafen liegen geblieben wären. Aber das nennt sich dann nicht Leben, sondern Museum, dafür werden Schiffe nicht gebaut.

Die Nummer mit den Lecks wird jedenfalls zum Fulltime-Job, die Verzweiflung wächst, die Gelassenheit schwindet, irgendwann schauen sie mal in den Spiegel und erkennen sich nicht mehr selbst. Das kann durchaus eine positive Erfahrung sein, wenn sie ein halbes Jahr eine Auszeit im neuseeländischen Outback genommen haben zum Beispiel, dann ist das toll und sie sehen ein neues, strahlendes Ich. Aber hier, stehen sie in der dunklen Schiffstoilette im Schiffsbauch, die Funzel wirft nur flackerndes, spärliches Licht und von Glanz und Energie und Licht kann nicht die Rede sein. Ehrlich gesagt erschrecken sie sich zu Tode bei ihrem eigenen Anblick.

Und dann wird klar: das kann ich hier noch ein paar Jahre durchziehen, ist nicht gesund, ist nicht gut, aber geht – ODER: wir fahren mal in die Werft…und legen das Schiff ins Dock und reparieren die Lecks in aller Ruhe und ordentlich, so dass wir danach mit voller Kraft voraus unsere Reise antreten und gemeinsam die Welt entdecken können. Mit Freude, Liebe und Leichtigkeit. Und vielleicht schau ich dann einmal in den Spiegel und weiß nicht mehr wer ich war, damals, jetzt, und das ist dann eben der Prozess und gut so. Aber der Schrecken hatte ein Ende.

Und nun lasse sie mich meine obige Gemeinheit ausbügeln. In meiner Werft, die da Selbstliebe und Wertschätzung, Weiblichkeit und Hochachtung vor allem Lebendigen heißt, da wird nicht einfach so repariert, da reparieren wir nach dem japanischen Prinzip KINTSUGI. KINTSUGI ist soviel mehr als eine traditionelle japanische Reparaturmethode, hinter ihr versteckt sich die Philosophie des Wabi Sabi. Und dabei handelt es sich um ein ästhetisches Prinzip, dass die Fehler wertschätzt und die Einfachheit der Dinge in den Vordergrund stellt. Es ist sozusagen die Gegenbewegung des maßlosen Konsums und der Wegwerf-Gesellschaft, in der wir uns trotz wachsenden ökologischen Bewusstseins immer noch befinden.  Denn Dinge, die kaputt gegangen sind, auch wenn es nur eine einfache Teeschale ist, werden mittels Goldstaub und einem speziellen Japanlack repariert. Das verschafft dem Objekt eine neuartige Einzigartigkeit im Aussehen und darüber hinaus erfährt der Gegenstand die Wertschätzung, die es beinhaltet sich einer Sache zu widmen um sie wieder herzustellen. Nichts ist so wertvoll wie Zeit in dieser Welt. Wer seine Zeit ‚opfert‘, der gibt das Wertvollste was er hat. Natürlich sind weder meine, noch sonst welche Kinder auf der Welt ein Fehler und deshalb hinkt auch dieser Vergleich, wenn man versucht alles auf die Goldwaage zu legen. Aber es ist so: Kinder hinterlassen Spuren (Gott sei Dank!)in der Geschichte ihrer Mutter. Und diese sind nicht immer angenehm, schön und positiv. Es gibt eine Menge Veränderungen, die mit der Geburt eines Kindes einhergehen, die alles auf den Kopf stellen, die einen Abschied vom alten Leben bedeuten, die Ängste auslösen, die das eigene Gleichgewicht gefährden, verändern oder zu Tage legen, dass es nie da war, die Beziehungen zu anderen Menschen verändern, manchmal radikal. Es gibt auch physische Veränderungen, von Kaiserschnittnarben, Geburtsverletzungen, Schwangerschaftsstreifen, zerbissenen Brustwarzen, verformten Brüsten über Inkontinenzen und und und. Nur weil niemand drüber redet, sind sie nicht nicht da. Und diese Veränderungen, diese Verletzungen, die sind die Fehler in meiner Metapher, die Bruchstellen einer Biographie, die Lecks. Wir sollten sie nicht wegschmeißen, ein neues Schiff kaufen, fahrlässig und genervt reparieren, wir sollten sie auch nicht so lassen und uns weigern hinzusehen, wir werden absaufen wenn wir das tun. Nein, wir sollten uns die Zeit nehmen und sie mit Liebe und Gold flicken. So dass unser Schiff  einzigartig wird und immer schöner. Weil wir es uns wert sind (wehe sie denken jetzt an Werbung!). Und deshalb bin ich hier. Ich bin in der Kintsugi – Werft meiner eigenen Biographie. Ich bin in der absoluten Introspektive. Ich werde in 3 Wochen vom Stapel laufen. Mit viel Gold und so schön und stabil wie noch nie. Da bin ich mir sicher. Und DANN kann ich meine Kinder tragen, begleiten und Ihnen die Welt zeigen, aus meiner Kraft, nicht aus meiner Schwäche heraus.

Und der Weg dahin, den erzähle ich hier. Und warum ich schummeln musste für die Eintrittskarte und warum das nicht sein darf. Und wie alles gekommen ist und wie alles gegangen ist. An alle Mütter in den Schiffsbäuchen, auf Knien, schwitzend, kein Land in Sicht und Deck schrubben ist auch noch dran – vergebt den Vätern, eure Werft wird kommen.

 

Credits : Bild: pixabay

Und allen Vätern: ich kann das hier nur machen, weil meine Kinder einen Vater und ich einen Mann habe, der absolut einmalig ist. Ich bin unendlich dankbar dafür! Es geht in meinen Texten nie um das Bashing von irgendwem, es geht um Meinungen  Nachdenken Anregen Philosophieren Tagebuch führen Erinnern.